Jennifer Wasem*
Weltweit werden fast 7000 Sprachen gesprochen. Laut der UN ist die Hälfte dieser Sprachen davon bedroht auszusterben. Dabei repräsentieren Sprachen in unserer Welt Vielfalt. Außerdem sind viele Kenntnisse und Vorstellungen in Sprachen verankert und würden mit ihrem Verlust ebenso verschwinden. Einer der Gründe weshalb Sprachen, insbesondere indigene Sprachen, verschwinden, ist die Globalisierung. Durch Assimilierung, erzwungene Umsiedlungen, Bedrohung durch Armut, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen werden Menschen und Gruppen dazu gebracht, ihre eigene indigene Sprache zu vernachlässigen, oder zu unterdrücken. Insbesondere die koloniale Vergangenheit hat indigene Sprachen nachhaltig verdrängt. Doch heutzutage versuchen einige Wissenschaftler:innen bedrohte Sprachen vor dem Aussterben zu retten. Allerdings bleibt dafür kaum Zeit und es ist auch kein leichtes Unterfangen, denn die Dokumentation einer Sprache benötigt äußerst viele Ressourcen. Für einige Sprachen ist es wohl schon zu spät.
In der Abteilung für Altamerikanistik in Bonn gibt es die Möglichkeit vier indigene Sprachen zu erlernen und zwar Náhuatl, Quechua, K’iche‘ Maya und Yukatekisches Maya. Letztere habe ich für zwei Semester gelernt. Schließlich kam mir die Frage auf, wie es um die Zukunft dieser Sprache steht.
Vor etwa 4000 Jahren war das Proto-Maya Grundlage für alle Mayasprachen. Insgesamt haben sich daraus 32 Sprachen entwickelt, welche in unterschiedliche Sprachgruppen oder -familien eingeteilt werden können. Zwei der Mayasprachen sind allerdings bereits ausgestorben. Die Übrigen werden in Mexiko, Honduras, Guatemala, Belize und El Salvador, von zirka 6 Millionen Menschen, gesprochen.

Sprachbaum Maya – Entwicklung aus dem Proto Maya
Yukatekisches Maya wird von ungefähr 800.000 Menschen auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán, im Norden von Guatemala und im Norden von Belize, gesprochen. Früher wurde dieses in Glyphen geschrieben, seit der spanischen Eroberung wird allerdings ausschließlich das lateinische Alphabet verwendet. Mit letzerem wird die Sprache auch an der Abteilung für Altamerikanistik gelehrt. Doch wird uns das Yukatekische Maya erhalten bleiben oder wird es immer weniger Sprecher:innen dieser Sprache geben?
Viele Sprecher:innen müssen durch ihre Arbeit, beispielsweise im Tourismussektor, Spanisch erlernen und täglich verwenden. Durch diesen ökonomischen Faktor wird Yukatekisch, primär, im Kontext der Familie gesprochen. Doch auch im familiären Kontext besteht die Gefahr, dass das Yukatekische Maya verdrängt wird. Meistens sprechen nämlich eher ältere Menschen Yukatekisch und die Jüngeren greifen meist zu Spanisch.

Neben dem Verlust intergenerationaler Weitergabe der Sprache ist der Lehrplan der Schulen ein Problem. Das Yukatekische Maya wird an Schulen kaum gelehrt. Ein Grund dafür ist, dass sich lange Zeit auf keine Regeln für die Schreib- oder Sprechweise einiger Wörter geeinigt wurde. Erst 2014 hat die mexikanische Regierung einen offiziellen Standard festgelegt, welcher allerdings kaum verwendet wird. Das liegt, zum einen, an fehlenden Geldern und, zum anderen, an einem generellen Misstrauen gegenüber staatlicher Sprachplanung.
Trotzdem gibt es noch eine Chance für das Yukatekische Maya. Sprecher:innen entwickeln eine neue Form von Identifikation mit dem Yukatekischen und zwar durch den Tourismus. Obwohl dieser auch gefährlich für die Sprache wird, erhöht er gleichzeitig den Ruf des Yukatekischen. Indigene Sprachen werden hier als etwas Ursprüngliches und somit Kostbares verkauft. Die Kommerzialisierung des Yukatekischen Mayas sowie die extreme Tourismusentwicklung auf der yukatekischen Halbinsel sollten trotzdem kritisch betrachtet werden, da sie primär für eine verstärkte Nutzung des Spanischen sorgen.
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Das Internet bietet eine gute Möglichkeit die Sprache wieder mehr in den Fokus zu rücken. So können transnationale Netzwerke geschaffen werden, die das Yukatekische in Videos, auf Social Media, auf Blogs oder in Podcasts behandeln. Das steigert, zum einen, den Ruf der Sprache und trägt, zum anderen, auch zum Spracherhalt selbst bei. Außerdem führt die Nutzung sozialer Medien zu der Entwicklung einer emotionalen Bindung an die Sprache. Die Konsument:innen identifizieren sich stärker mit der Sprache und sind stolz darauf bilingual zu sein.
Abschließend kann man sagen, dass es uns kaum möglich sein wird, alle 7000 Sprachen der Welt vor ihrem Aussterben zu dokumentieren, oder gar vor ihrem Aussterben zu bewahren. Allerdings gibt es einige Methoden, um Bilingualismus und den Spracherhalt einiger indigener Sprachen zu stärken. Das erfordert allerdings gut durchdachte und gut implementierte Konzepte. Diese wiederum erfordern viel Zeit und auch Geld. Das Yukatekische Maya ist nicht akut vom Aussterben bedroht, steht aber trotzdem den Herausforderungen einer globalisierten Welt gegenüber.
Letztlich ist die Untersuchung indigener Sprachen eines der Mittel, welches wir haben, um zum Erhalt dieser beizutragen. Außerdem unterstützen auch das Lernen über und das Sprechen von indigenen Sprachen ihren Erhalt.
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Links
https://www.fr.de/panorama/wir-schaemen-nicht-unsere-sprachen-12955453.html (abgerufen am 26.12.2020)
Bilder
Bild: Vergleich Mayasprachen
Link: http://www.languagesgulper.com/eng/Mayan.html (abgerufen am 26.12.2020)
Bild: Sprachbaum Maya – Entwicklung aus dem Proto Maya
Link: https://en.wikipedia.org/wiki/Mayan_languages#/media/File:Mayan_languages_tree_en.svg (abgerufen am 26.12.2020)
Bild: Dresdener Kodex – original erhaltene in Dresden ausgestellte Glyphen der Maya
Link: http://www.latinamericanstudies.org/dresden-codex.htm (abgerufen am 29.12.2020)
*Jennifer Wasem studiert „Altamerikanistik und Ethnologie“ (Fachsemester 3) im Zweifach-Bachelor of Arts zusammen mit „Politik und Gesellschaft“ (Fachsemester 5) an der Universität Bonn.